(Beitrag von 2019)
Jeden Tag sterben Menschen, jeden Tag. Im Sekundentakt kommt dort draußen jemand dazu, der einen Menschen verliert - jemand, dem es genauso geht wie mir, oder schlimmer. Trotzdem habe ich mich so lange wie der einsamste Mensch auf der Welt gefühlt. Aber eigentlich sind wir viele, es kämpft nur meistens jeder für sich allein.
Vor 5 Jahren ist meine Schwester an pulmonaler Hypertonie gestorben.
Mein Leben hat sich dadurch vielleicht gar nicht wesentlich mehr verändert, aber ich mich schon. Ich würde lügen, wenn ich behaupte, dass das keine Spuren hinterlassen hat - das hat es - aber eben nicht nur schlechte.
Wenn jemand stirbt, dem man nahesteht, dann ist das schlimm. Es ist so schlimm, dass man sich einfach nie wirklich darauf vorbereiten kann. Ab dem Zeitpunkt, an dem man begreift, dass man einen Menschen nie wiedersieht, ist definitiv einfach alles anders. Es verlangt einem alles ab. Und wirklich IMMER müssen wir damit alleine klarkommen. Natürlich haben wir Freunde, Familie und Partner, die uns unterstützen. Aber letztendlich liegt es an uns selbst mit diesen Gefühlen zurechtzukommen - jeder auf seine Weise. Schlimm ist es aber, wenn man sich darin verliert. Wenn man das Gefühl hat von niemandem verstanden zu werden, das Gefühl hat nicht zu funktionieren und trotz all der Menschen um einen herum alleine zu sein.
Aber das ist man nicht. Du bist damit nicht alleine. Dort draußen sind ABERTAUSENDE Menschen, denen es ganz genauso geht - es spricht nur niemand drüber.
Genau das will ich mit dem Spendenkalender 2020 ändern.
Der Kalender
Der Spendenkalender beinhaltet 13 Fero-Illustrationen, die meinen Trauer-, aber auch meinen Heilungsprozess zeigen. Die Kunst hat mir sehr viel dabei geholfen die ganze Situation zu verarbeiten und das, was ich fühle, auszudrücken.
75 % des Nettoerlöses spende ich dem pulmonale Hypertonie e.V.
Die Entstehung des Projektes
Ich habe sehr lange überlegt, ob und in welchem Umfang ich dieses Projekt auf die Beine stellen möchte. Für mich war relativ schnell klar, dass ich etwas Gutes tun will, wenn sich mir die Gelegenheit dazu bietet. Aber ob ich in der Öffentlichkeit wirklich so offen über meine Gefühle und auch über den Leidensweg meiner Schwester sprechen möchte? Damit hatte ich ein bisschen zu hadern. Meine Schwester hat ihre Krankheit immer relativ gut überspielt und ich glaube sie wollte nicht, dass man ihr anmerkt, dass sie krank ist. In mir entstand also schon der Konflikt, ob meine Schwester das überhaupt gewollt hätte, ob ich ihr damit irgendwie was wegnehme. Das Problem ist, ich kann meine Schwester nicht mehr fragen. Ich glaube aber, dass die Menschen, die meine Schwester gekannt haben sie immer als diesen tollpatschigen, lebensfrohen, starken Menschen in Erinnerung behalten werden, der sie war. Sie werden sie vielleicht nur ein bisschen besser kennenlernen und verstehen können. Trotzdem ist es mir ein Anliegen hier noch einmal ganz deutlich zu sagen, dass die Privatsphäre meiner Schwester und die meiner Familie zu jedem Zeitpunkt gewahrt werden soll und ich nur insoweit Details und Erlebtes teile, wie sie mich selbst betreffen und wie ich sie empfunden habe.
Was mich dazu bewogen hat dann tatsächlich dieses Projekt ins Leben zu rufen, war die Tatsache, dass ich es so schlimm finde, wie einsam ich mich rückblickend mit der ganzen Thematik gefühlt habe. Es gab wirklich Phasen, in denen ich dachte mit mir stimmt einfach was nicht. Ich hatte das Gefühl, dass ich nicht mehr unter Leute gehen kann, weil mich eh niemand versteht, weil ich keine Lust hatte vermeintlich banale, unwichtige Gespräche zu führen, mich einfach unwohl gefühlt habe und letztendlich war ich völlig isoliert. Ich habe mich abgeschottet, weil mich dieses Gefühlschaos völlig übermannt hat. Und das finde ich total furchtbar. Denn alles was ich gebraucht hatte, war der Mut auszusprechen was ich denke. Und das hab ich irgendwann angefangen zu tun und gemerkt, dass ich mit ganz vielen Gedanken überhaupt nicht alleine bin, im Gegenteil. Diese Erfahrung war für mich einfach so wichtig. Ich denke das ist ein Punkt, der ganz vielen Menschen helfen würde sich mit sowas weniger alleine zu fühlen. Deshalb ist mir das Projekt auch so wichtig und ich freue mich über jede Unterstützung, die ich bekommen kann. Schon vorab ein riesengroßes Dankeschön dafür!
Der ph e.V.
Der ph e.v. ist ein Selbsthilfeverein von Betroffenen und Angehörigen, die Menschen mit pulmonaler Hypertonie unterstützen. Ich möchte Menschen unterstützen, die sich mit Herz und Blut für diese Sache einsetzen. In enger Zusammenarbeit mit dem ph e.v. konnten die Gastbeiträge erst entstehen, die den Menschen mit dieser Erkrankung eine Stimme geben.
Mein ganz besonderer Dank gilt an dieser Stelle vor allem Monika Kischel, die selbst an PH erkrankt ist, und meiner Meinung nach Unglaubliches leistet. Sie steht mir bei dem Projekt mit Rat und Tat zur Seite, wann immer ich sie brauche. Vielen, lieben Dank dafür - Du bist 'ne Heldin!
Alle Infos zum ph e.V. und zu pulmonaler Hypertonie generell findest du hier.
Die Blogbeiträge
Die Illustrationen im Kalender zeigen einzelne Phasen der Verarbeitung, zu denen ich jeden Monat einen entsprechenden Beitrag hier auf dem Blog veröffentliche. Ich möchte meine Geschichte und die meiner Schwester teilen, um anderen Menschen Mut zu machen auch über schwierige Gefühle zu sprechen, aber auch um Außenstehenden zu helfen Betroffene und Trauernde gegebenenfalls besser zu verstehen.
Aber nicht nur ich werde hier Beiträge verfassen, sondern auch Menschen, die auf irgendeine Art mit pulmonaler Hypertonie in Kontakt gekommen sind. Regelmäßig werden Betroffene selbst, aber auch Freunde, Partner und Familienangehörige ihre Geschichte erzählen.
Mir geht es dabei nicht darum, dass Patienten ihre medizinischen Daten aufzeigen, sondern dass sie erzählen können, wie sie mit dieser Erkrankung umgehen. Ich möchte den Betroffenen hier eine Möglichkeit bieten über ihre Gefühle zu schreiben, Ängste auszusprechen und Gedanken loszuwerden. Natürlich ist das oft traurig und entmutigend, aber ich bin davon überzeugt, dass solche Dinge genauso viel Raum brauchen, um überhaupt alles verarbeiten zu können und Platz zu schaffen für neuen Mut.
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